WINDPARKPROJEKT IM EBSDORFERGRUND – ZAHLEN, FAKTEN, NUTZEN UND GEFAHREN –

WAS IST GEPLANT?

Die Projektfirmen JUWI und WPD planen im Ebsdorfergrund den Bau von ca. 20 Windenergieanlagen (WEA) auf dem Höhenrücken zwischen Wermertshausen und dem Leidenhöfer Köpf (Windvorranggebiet 3141). Nach den Angaben auf der Homepage der Fa. JUWI AG handelt es sich bei den geplanten WEA um Anlagen des Typs VESTA 150 4,2 MW. Der Antrag auf Genehmigung soll bis zum Herbst d. J. erfolgen. Die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2020 vorgesehen.Sind die jetzt geplanten Anlagen erst einmal genehmigt, kann nach den Erfahrungen andernorts (Amöneburg, Hassenhausen) nicht ausgeschlossen werden, dass in späteren Jahren weitere WEA beantragt und auch genehmigt werden, weil die Vorranggebiete als Windkraftkonzentrationsflächen „optimal“ ausgenutzt werden sollen.

Die geplanten WEA haben eine Spitzenhöhe von 241 m. Zum Vergleich: WEA in Amöneburg oder bei Hassenhausen 200 m, die aktuell weltgrößte WEA rd. 246 m, der höchste Wolkenkratzer in Deutschland 259 m (Commerzbank Tower in Frankfurt a.M.). Der Rotor der WEA hat einen Durchmesser von 150 m und überstreicht in der Vertikale eine Fläche von über 1,7 ha (zum Vergleich: 1 Fußballfeld=1,08 ha).
Für den Bau der WEA und für die notwendigen Kranstellflächen sowie für Stromtrassen und Zuwege wird eine Fläche von 5.000 – 10.000 qm je Anlage beansprucht. Dafür müssen viele Bäume gefällt und/oder natürliche Lichtungen genutzt werden. Der Waldboden muss für die Gründung der WEA auf einer Fläche von ca. 500 qm bis zu 4 m tief betoniert und für die Kranflächen abgtragen und geschottert werden.

WELCHE FOLGEN FÜR LANDSCHAFT, NATUR UND BETROFFENE BÜRGER SIND ZU ERWARTEN?

Zerstörung des Landschaftsbildes und des Waldes als Lebensraum für Mensch und Tier Die genauen Standorte der WEA stehen zwar noch endgültig nicht fest, wegen ihrer riesigen Höhe werden sie den Wald jedoch um mindestens 180 m überragen , sodass sie an jedem denkbaren Standort im Planungsgebiet über viele Kilometer hinweg sichtbar sein werden. Durch die Vielzahl der geplanten Anlagen wird aus der wertvollen Kulturlandschaft Wald eine gigantische (Wind) Industrielandschaft (mit Dauerblinken in der Nacht). Der Wald als Lebens- und Rückzugs-raum für Tiere und als Erholungsraum für den Menschen wird dadurch zerstückelt und das ge-wachsene Ökosystem zerstört.
Nach eigenen Beobachtungen sind in unserem Wald die unter Artenschutz stehenden Rotmilane und Mopsfledermäuse in nennenswerter Zahl beheimatet. Ihr Überleben ist durch den Schlag der über 73 m langen Rotorblätter gefährdet.

Gefahren für die Gesundheit durch Lärm und Infraschall                                                     WEA erzeugen Geräusche. Dabei handelt es sich entweder um mechanische Geräusche des Triebstrangs oder um aerodynamische Laufgeräusche. Der in Hessen vorgeschriebene Mindestabstand von WEA zur Wohnbebauung in Dorf- und Mischgebieten beträgt nur 1.000 m. Nach der Verwaltungsvorschrift „TA Lärm“ zum Bundesimmissionsschutzgesetz müssen die Anwohner in Dorf- und Mischgebieten mit Geräuschimmissionen (Lärm) von 45 dB(A) in der Nacht leben. Das entspricht in etwa dem Schallpegel üblicher Hintergrundgeräusche in der Wohnung z. B. durch Gespräche oder Radio. Der Schlaf wird häufig bereits bei Dauerschallpegeln ab 25 dB(A) als gestört empfunden. Vor allem die durch das Vorbeistreichen der Rotorblätter am Mast entstehenden „Wummer“geräusche sind für die Anwohner belastend. Nervöse Unruhe, Depressionen, Herzkreislauferkrankungen und Diabetes u.a. sind mögliche gesundheitliche Folgen.

Durch den Wirbelstromabriss am Rotorblattende entsteht Infraschall (tieffrequenter Schalldruck unterhalb der Hörschwelle von ca. 20 Hertz). Moderne Anlagen mit Pitch-Regelung (mit Verstellbarkeit der Rotorblätter) sollen weniger Infraschall erzeugen. Die Messmethoden sind jedoch umstritten und die Wirkung von Infraschall auf den Menschen noch nicht ausreichend erforscht. Eine aktuelle Studie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz hat nachgewiesen, dass Infraschall den Herzmuskel schwächen kann. Diese und andere mögliche Gesundheitsschäden durch Infraschall können nach jetzigem Stand der Forschung zumindest nicht sicher ausgeschlossen werden (vgl. zur Problematik auch die Machbarkeitsstudie des Bundesumweltamtes zu Wirkungen des Infraschalls).

Gefahren für die Landessammelstelle für radioaktiven Abfall                                       Weitere Gefahren drohen durch WEA an geplanten Standorten in der Nähe der Landessammelstelle für radioaktiven Abfall (LSSt). Nach vorläufiger Planung beträgt die Entfernung von drei der geplanten Anlagen nur 350 m. Brände an Anlagen dieser Größe sind unkontrollierbar, die Landessammelstelle könnte dadurch Schaden nehmen. Eine großflächige Kontaminierung durch radioaktive Substanzen wäre der größte anzunehmende Unfall.

Gefahren für die Trinkwasserschutzgebiete im Roßberger Forst                                          Vier Anlagen sind im Trinkwasserschutzgebiet(TWS) Rabenau-Londorf, eine Anlage im TWS-Wermertshausen geplant. Für die Anlagen sind großflächige Rodungsarbeiten notwendig. Dadurch werden die Grundwasser schützenden Deckschichten vermindert. Der natürliche Filtereffekt für das Grundwasser entfällt auf diesen Flächen über viele Jahrzehnte. Durch die Betonierung des Fundaments in der Bauphase und durch Unfälle im laufenden Betrieb (Brand, Explosion) kann ein Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser nicht ausgeschlossen werden. WEA mit Getriebe enthalten bis zu 2.000 l wassergefährdende Betriebsstoffe (Öle, Kühlmittel u.a). Im ungünstigsten Fall wird die Stilllegung der Trinkwasser-Gewinnungsanlage Rabenau Londorf und/oder Wermertshausen erforderlich. Das niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz hat die Zonen I und II der Wasserschutzgebiete als harte Tabuzonen für WEA eingestuft und Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen hier ausgeschlossen.
Der Preis für die Nutzung von Windkraft ist also besonders im Wald und in dicht besiedelten Gebieten sehr hoch. Die meisten Menschen wären aber bereit, einen angemessenen Preis für den Klimaschutz zu zahlen, wenn Windenergie im Binnenland einen nennenswerten Beitrag zur Energiewende leisten könnte.

WELCHEN NUTZEN HAT DIE WINDKRAFT AN LAND FÜR DIE ENERGIEWENDE?

Tatsächlich ist der Nutzen von Windenergie im Binnenland aus naturgesetzlichen Gründen und nach aktuellem Stand der Technik sehr begrenzt. Dafür gibt es mehrere Gründe:

Geringe Effizienz von WEA im Binnenland
In Mittelhessen weht der Wind auf einer Höhe von 140 m über Grund im Durchschnitt 6 m/s. Damit die Rotoren überhaupt zu arbeiten beginnen, ist eine Einschaltwindgeschwindigkeit von ca. 3 m/s erforderlich. Bis zu einer Windgeschwindigkeit von ca. 12 m/s läuft eine WEA nur im Teillastbetrieb. Erst bei konstanten Windgeschwindigkeiten darüber erreicht eine WEA ihre Maximalleistung (Nennleistung) und läuft im Volllastbetrieb) Da die Windgeschwindigkeit die Leis-tung einer WEA nicht linear, sondern exponentiell (in der dritten Potenz) beeinflusst, nimmt die tatsächliche Leistung mit jedem Meter pro Sekunde weniger Windgeschwindigkeit stark ab. So wird bei halber Nennwindgeschwindigkeit (6 m/s) nur noch ein Achtel der Nennleistung erreicht. Bei den geplanten WEA mit einer Nennleistung von 4 MW und einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 6 m/s ergibt sich dann rechnerisch eine tatsächliche Leistung von ca. 0,7 MW (=16 % der Nennleistung). Für die Betreiber von WEA rechnen sich die Anlagen deshalb nur wegen der Subventionen über die EEG-Umlage, die von den Stromkunden zu bezahlen ist.

In einer Studie des Freiburger Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zur hundertprozentigen Versorgung mit Strom und Wärme durch erneuerbare Energien werden (neben anderen Kraftwerkstypen) WEA auf dem Festland mit einem Potential von insgesamt 200.000 MW zugrunde gelegt. Würde man dieses Potential durch Anlagen mit einer Nennleistung von durchschnittlich 3 MW teilen, wären dazu rechnerisch rund 66.666 WEA erforderlich.

In Deutschland standen Ende 2017 insgesamt 28.675 Onshore-Windenergieanlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 1,8 MW. Es müssten demnach mindestens noch einmal so viele WEA mit einer Leistung von rd. 4 MW zugebaut werden, um theoretisch das Ziel einer hundertprozentigen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien zu erreichen. Bedenkt man, dass viele Flächen in Deutschland mangels Windhöfigkeit und/oder aufgrund anderer Nutzung oder Restriktionen als Standorte nicht in Betracht kommen, kann sich jeder vorstellen, dass die jetzt ausgewiesenen Windvorrangflächen auf dem Land maximal ausgenutzt werden oder weitere dazukommen müssen. Die Schwelle der Akzeptanz durch die ländliche Bevölkerung wäre dann weit überschritten.

Geringer Beitrag der Windenergie zur Deckung des gesamten Primärenergieverbrauchs
Im Jahr 2015 betrug der Anteil der Windenergie an der Bruttostromerzeugung rd. 11 % (davon entfallen 88 % auf Onshore-WEA). Der Anteil am gesamten Energieverbrauch (Primärenergieverbrauch) betrug im selben Jahr nur 2,1 %!
Würde man die Zahl der WEA unter den jetzigen Bedingungen einfach verdoppeln, käme man auf einen Anteil der Windenergie von rd. 25 % an der Bruttostromerzeugung, aber nur von rd. 5 % am Primärenergieverbrauch.

Fehlende Speichermöglichkeiten und Netzkapazitäten für erneuerbare Energien
Dem weiteren Zubau von WEA stehen nicht nur die geringe Effizienz der Anlagen und Probleme der Standortfindung und Akzeptanz durch die ländliche Bevölkerung entgegen.
Das proklamierte Ziel der Energiewende, den gesamten Energiebedarf versorgungssicher zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu decken, ist wegen der auf absehbare Zeit noch fehlenden Speichertechnologien und nicht angepasster Stromnetze eine unrealistische Vorstellung. Auf der einen Seite lässt sich das Problem der stark schwankenden Erträge von Windenergie und Photovoltaikanlagen durch den weiteren Zubau solcher Anlagen allein nicht lösen, wenn im ganzen Land weder ausreichend Wind weht noch die Sonne scheint. Auf der anderen Seite kommt es schon mit den vorhandenen Windenergie- und Photovoltaikanlagen an windigen und/oder sonnigen Tagen immer häufiger zu Überproduktionen, die teure Eingriffe der Netzbetreiber und sogar die kostenpflichtige Entsorgung des überschüssigen Stroms ins Ausland notwendig machen, um eine Überlastung der Netze zu vermeiden.

Fazit                                                                                                                                                      Der ungebremste Zubau von WEA auf dem Land ohne vorhandene Speichertechnologien und ausreichende Netzkapazitäten und ohne Rücksicht auf die Natur und die ländliche Bevölkerung ist ein Irrweg! Das Ziel sollte vielmehr sein, die Energieversorgung in Deutschland zu vertretbaren gesellschaftlichen und ökologischen Kosten zu sichern mit einem ausgewogenen Mix aus erneuerbaren Energien, konventionellen Kraftwerken, Speichern, Netzausbau, Demand-Side-Management und vor allem mit einer maßgeblichen Steigerung der Energieeinsparung und der Energieffizienz (z. B. bei Gebäuden, Elektrogeräten und im Bereich der Mobilität).

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Information veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.